Der Chinesische Markt

Zoran Solomun & Vladimir Blazevsk ( )
Der Chinesische Markt

Der Zugewinn von Zeit, Geld und Freiheit in den westeuropäischen Handelsmärkten führt in der östlichen Version des „freien Marktes“ zu einer wahnsinnigen Verschwendung von Ressourcen und Potentialen. Ein prominentes Beispiel ist der „Chinesische Markt“ in Budapest, der – wie der Name schon sagt – fast ausschließlich von chinesischen Händlern betrieben wird. Die Kunden kommen aus den unterschiedlichsten osteuropäischen Ländern. Durch den oftmals abenteuerlichen Transport über die jeweilige (Handels-)Grenze hinweg erwirtschaften sie sich einen meist kleinen Profit, der einerseits Grundlage zum (Über-)Leben und andererseits Motor für die nächste Handelsfahrt ist. Täglich sind tausende Menschen damit beschäftigt, billige Imitate bekannter Bekleidungs- und Schuhfirmen, Geräte und Kosmetika über hunderte von Kilometern zu transportieren und somit ihre Zeit zu vernichten. Der Film von Zoran Solomun und Vladimir Blazevski macht den abstrakten Prozess der Globalisierung fassbar durch die konkrete Beschreibung des so genannten chinesischen Marktes in Budapest. Im Schatten der globalen Kapitalflüsse entsteht hier seit 1992 eine Form der Warenzirkulation, die nichts gemein hat mit den Börsengeschäften der „Global Players“, sondern eher einer frühkapitalistischen Form des Kleinsthandels gleichkommt. Der Film zeigt Menschen, die von diesem Handel
leben. Sie kommen aus Rumänien, Mazedonien, Bosnien und anderen Ländern des ehemaligen Ostblocks und legen unter größten Mühen hunderte von Kilometern zurück, um auf dem Markt billige Waren zu kaufen und für einen geringen Gewinn in ihrer Heimat zu verkaufen. Dem Film gelingt es, konkrete Bilder für wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge zu finden, ohne jemals deren Komplexität zu reduzieren. In zahlreichen Momentaufnahmen von Szenen auf Märkten, an Grenzübergängen, in Privatwohnungen beschreibt der Film die sozialen Hintergründe und Überlebensstrategien von Menschen, die unter dem Druck der neuen wirtschaftlichen Verhältnisse um ihre Existenz kämpfen. Auf beeindruckende Weise entwirft der Film prozesshaft ein Netzwerk aus sich überkreuzenden Biografien und Handelswegen
und bringt so sowohl die strukturelle Dimension der wirtschaftspolitischen Zusammenhänge als auch die existentielle Dimension der menschlichen Schicksale, die durch diese Zusammenhänge bestimmt werden, zur Darstellung. (Begründung der Jury: Birgit Kohler, Mark Stöhr, Jan Verwoert, 25. Duisburger Filmwoche 2001)

Zoran Solomun, Bladimir Blazevski (HU/DE), 2000, 93 min., OF mit. dt. UT.