Lautes Atmen, wir sind in einem Spiel von Licht und Dunkelheit. Einzelaufnahmen dokumentieren Linien, die Schattenkonfigurationen umreißen. Es sind Bekleidungsstücke, die aus Schaufenstern heraus ihre Schatten werfen und dabei eine neue Textur bilden.
Zu sehen ist eine Szene während einer Busfahrt in Kairo, die fast beiläufig in einem abendfüllenden Film auftaucht. Es scheint, als würden die acht Minuten darin Zuflucht suchen, was der Film ihnen gern gewährt, denn er erkennt sich in ihnen wieder. Die Unterscheidung zwischen weiblicher Haupt- und Gastrolle, die miteinander ins Gespräch kommen, verschwimmt kurzzeitig, genauso wie die zwischen Norm und Abweichung.
Inspiriert von dem Roman Zwei ernsthafte Damen von Jane Bowles sowie von Texten von Virginie Despentes, dreht sich der Film um die Frage: Was sind eigentlich ernsthafte Damen? Drei Frauen – alle gespielt von der Schauspielerin Susanne Sachsse, die selbst einige Jahre am Berliner Ensemble engagiert war – kommunizieren miteinander in Monologen über Telefone und Klingelsprechanlagen. Eine von ihnen betritt die Bühne im Berliner Ensemble und findet sich im Bühnenbild des Stückes Die Mutter von Bertolt Brecht wieder.
Einer jungen Teenagerin fällt es schwer, sich von ihrem Spiegelbild loszureißen und den täglichen Gang in die Schule anzutreten. Von ihren Eltern weggepfiffen und in die Schule geschickt, schlendert sie zielstrebig am Schultor vorbei. Nach Schulschluss zurück im Jugendzimmer, entspricht ihr Gezwitscher auf die elterliche Frage „Wie war es?“ nicht ganz der Wahrheit ...
Lisa und Suzanne sind zwei Mädchen im Teenageralter. 1994 schrieb „Übung am Phantom“: „Wie die gleitende, quasi ,empirisch-lyrische‘ Kamera an einer Partialisierung, Dekontextualisierung und Bemächtigung des ewigen Objektes ,Frau‘ arbeitet.“ Dennoch: „In ihrer minimalen Gestik und Mimik kommt zum Ausdruck, dass sich hinter der enigmatischen Oberfläche der Fotografie zwei Personen verbergen, deren Eigenleben der Filmemacher respektiert.“ (Noll Brinckmann / Mo Beyerle)
„Exchanges untersucht die Mechanismen, durch die ,Bedeutung‘ im Film entsteht, durch die Wechselwirkung zwischen dem Konstruktionsprozess eines Textes und des sozialen Umfelds, das diesen Text bestimmt und gleichzeitig von ihm dargestellt wird. (...) Exchanges stellt auch die Frage nach der weiblichen Sexualität: der Film versucht, Frauen als sexuelle Wesen außerhalb der Positionen darzustellen, die ihnen männliche Macht und Phantasie zugewiesen haben.“ (Bette Gordon, zitiert von ÜaPh)
„Vorführer und Projektor, die gemeinhin nur durch Fehler oder Irritationen in Erscheinung treten, werden zu den unsichtbaren Akteuren der Vorführung.“ (ÜaPh, 1994)
„OFF-Stimme mit Wahrheitsanspruch, der entweder eingelöst wird oder nicht.“ (Handschriftliche Notiz, ÜaPh)
„Tekknologisierung des Geschlechtsaktes – Flash – Instrumenteller Werkzeugcharakter von Körpern – Flicker – Formalisierung von Free Sex-Zeitgeist – Psychodelic.“ (ÜaPh in der Ankündigung zur Ausstellung when tekkno turns to sound of poetry, 1994)
Eine Frau liebt ein rohes Stück Fleisch. Nähe und Distanz werden verhandelt, Macht und Begehren. Ein tiefer Schmerz erstarrt in kühlen Bildern. Eine Stimme flüstert das Lied Surabaya Johnny von Kurt Weill und Bertolt Brecht: „(...) Ich fragte nach deiner Stellung. / Du sagtest so wahr ich hier steh’: / du hättest zu tun mit der Eisenbahn / und nichts zu tun mit der See.“
Die Auswahl von Kurzfilmen, die Alain Della Negra in Zusammenarbeit mit Kaori Kinoshita realisiert hat, ist Teil eines fortdauernden Projekts über neue spirituelle Communities weltweit – darunter die Sekte der Regenbogen-Krieger, der Schamane „White Wolf“ oder der „Heiler der Erde“, Marko Pogacnik. Ihre Geschichten erzählen immer auch von der Durchlässigkeit zwischen künstlerischen und religiösen Praktiken in unserer so außergewöhnlichen Zeit.