2008: Amerika

Marschieren, marschieren

Marschieren, marschieren entwickelt eine etwas seltsame These von den wandernden Germanen, die später als Preußen das Marschieren erfunden hätten, um dann über das Elend dieser soldatischen Fortbewegung – „uns hat das Marschieren nur Unglück gebracht“ – wieder zum Ausgangspunkt zu kommen: „Aber uns Deutschen liegt nun mal das Wandern“.

S.O.S Cleaning Pads

Auf harmlose Weise wird dagegen die teutonische Kultur in der frühen TV-Werbeparodie für S.O.S Cleaning Pads durch den Kakao gezogen: nachdem sie die Bühne mit einem obligatorischen „Achtung!“ betreten haben, streiten sich Hilda und ihr Mann um den nicht gemachten Abwasch, der in eine a capella Wagneroper mit Rollentausch mündet.

Your Job in Germany

Auf der Schiffspassage nach Europa wurde den amerikanischen Besatzungssoldaten Your Job in Germany gezeigt, der harmlose Heimatbilder mit einem extrem aggressiven Kommentar verbindet – und dabei der NS-Propaganda ziemlich ähnlich wird: “Every German is a potential source of trouble. Therefore there must be no fraternisation with any of the German people. Fraternisation means making friends. The German people are not our friends.

Powder Face und die Kulturgruppe für Indianistik

Karl May und der deutschen Indianerbegeisterung verdankt die DDR auch ihre wahrscheinlich seltsamste Kulturblüte: die „Kulturgruppen für Indianistik“. Aus einer Tradition der 20er und 30er Jahre kommend, bildete sich um Häuptling Powder Face (alias Johannes Hüttner) 1956 der Club „Old Manitou“, die erste  Organisation in der DDR, in der Erwachsene in ihrer Freizeit wie Indianer lebten. Im Laufe der 60er Jahre bildeten sich in der Nachahmung weit über hundert solcher „Volkskunstkollektive“, einige davon existieren bis heute.

Karl-May-Museum Radebeul

Die DDR hatte zu Karl May ein zwiespältiges Verhältnis: Einerseits ging man mit seinen edlen Wilden und deren Rolle als Opfer des US-amerikanischen Imperialismus durchaus konform. Andererseits war Karl May chauvinistisch und gegenüber anderen Minderheiten – etwa Schwarzen und Juden – mehr oder weniger offen rassistisch. So blieb er lange Zeit ein unerwünschter Autor.

Familie Strassburger

Das Videoprojekt wurde durch das Internationale Pressezentrum in Berlin koordiniert, Betreuer war ein gewisser Hannes, ebenfalls Mitglied der „Firma“. Das erste Interview, das Bill Meyers mit der Familie Strassburger  aus Dresden machen konnte, war dementsprechend sorgfältig choreographiert. Eine Musterfamilie der DDR erklärt den Amerikanern, warum das Leben in der DDR so gut ist – drei Jahre vor dem Mauerfall. Dennoch werden auch in diesem Interview Brüche deutlich, der Junge trägt ein keineswegs ideologiekonformes Mickey-Mouse T-Shirt – eine Hommage an den Gast?

YES

Den männlichen Blick auf Frauen kehrt Abbey Williams in YES um. Ihre subjektive Kamera filmt wahllos Männer in der U-Bahn, über die „Yes“, „No“ oder „Maybe“ eingeblendet wird. In der Umkehrung wird nicht nur der in den Medien übliche Blick auf Frauen thematisiert, sondern auch die Brutalität, die in einer ständigen sozialen Auswahl liegt. Die Urteile Yes, No und Maybe begleiten alle Menschen überall und bestimmen nachhaltig ihr Leben.

Amerika

Der norwegische Videokünstler Ane Lan inszeniert sich als Frau in verschiedenen kulturellen Kontexten. In Amerika erscheint er in orientalischem Gewand und Ambiente und singt: „America, where are you now?“

Time Flies

Eine der seltsamsten Inszenierungen amerikanischer Medienpolitik war der Clinton/Lewinsky-Skandal, bei dem die ganze Welt über Monate eine Kurzzeitaffäre des US-Präsidenten mit einer Praktikantin verfolgte. Doch während Clinton als Mann und Inhaber von Macht die Affäre letztlich unbeschadet überstand, ist Monica Lewinsky als Frau und Ohnmächtige dauerhaft stigmatisiert. Time Flies beschreibt ihre vergeblichen Resozialisierungsversuche wie eine Probe für eine weitere mediale Inszenierung.

Filmmontage III

Der sehr früh verstorbene Peter Roehr arbeitete praktisch ausschließlich seriell, sowohl auf Papier als auch mit bewegten Bildern. In Filmmontage III verwendet er, wie später die meisten deutschen Found-Footage-Filmer, amerikanisches Ausgangsmaterial, hier Werbespots mit ihren Inszenierungen weiblicher Schönheit, welche er in minimalen Ausschnitten hintereinander montiert und so verfremdet.

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